Tobias Schiessler

Die Bearbeitungen von Lars Karlin sind für unser Ensemble eine große, nicht mehr wegzudenkende Bereicherung. Zum einen ist Lars selbst ein hervorragender Posaunist, zum anderen kennt er, als langjähriges Mitglied, die meisten von uns sowohl persönlich als auch posaunistisch. Die dadurch entstandenen Einzelstimmen, zum Teil den jeweiligen Spielern „auf den Leib“ geschrieben, stellen daher schon immer auch besondere Anforderungen an alle dar. Gern fordert Lars in punkto Tempo, Dynamik und Tonumfang mehr ein, als der Einzelne tatsächlich liefern kann und treibt damit, auf unseren Ehrgeiz setzend, die Entwicklung unterschiedlicher Fähigkeiten bewusst mit an.

Die erste Version von „Bilder einer Ausstellung“ erschien uns noch während der ersten Erprobung und Aufführung als eigentlich unmöglich. Mit der Zeit merkte man aber, dass nach und nach vieles doch umzusetzen war und das Werk letztendlich zu einem großen Repertoirestück des Ensembles wurde (natürlich folgten weitere „notwendige“ Überarbeitungen von Lars und jedes Mal fanden sich Passagen mit einem noch höheren Halbtönchen).

Die letzte große Bearbeitung von Lars sah dann tatsächlich eine Erweiterung des von uns genutzten Instrumentariums von Bass- Tenor- und Altposaunen vor, den Einsatz von Sopran- bzw. Diskantposaunen. Dabei handelt es sich, die Mensur, die Länge und somit auch dem Tonumfang betreffend, mehr oder weniger um Zug-Trompeten.

In der Bearbeitung von Wagners „Lohengrin“ war dies einmal für eine „Orchesterstimme“ und zum anderen für die Arien der Elsa von Brabant vorgesehen. Letzteres fiel mir zu und ich fing dementsprechend früh an, mich darauf vorzubereiten, zunächst mit dem wahllosen Kauf zweier Instrumente im Internet und mit der Bestellung unterschiedlicher Hybrid-Mundstücke. Es folgte ein wochenlanges Aushalten langer Töne und Herantasten an die Partien.

Die Probenphase und erste Aufführung schließlich bleibt mir für immer in besonderer Erinnerung.
Bei dem Konzert auf der Burgruine Landshut im MoselMusikfestival, stand ich, während des Vorspiels von Lohengrin und vor der ersten Arie der Elsa, auf der Bühne, spielte und überlegte zeitgleich: „Was werde ich tun, wenn es einfach nicht funktioniert?“.
„Anfangen, abbrechen, entschuldigen, und abgehen“ war tatsächlich mein „Worst-Case-Szenario“. Selten hatte ich mich weniger bereit gefühlt zu spielen.
Dass es dann ganz gut losging und auch bis zum Ende funktionierte, zeigte dann wieder mal, dass es sich lohnt, die Grenzen der Vorstellung zu überschreiten und den „Sprung ins Kalte Wasser“ zu wagen, auch wenn vielleicht zunächst nicht alles gänzlich wie erhofft gelingt...sonst aber wäre ein Lars Karlin auch nicht gänzlich zufrieden...
KURZVITA
Tobias Schiessler studierte Posaune in Hannover bei Prof. Jonas Bylund und in Stockholm bei Prof. Sven-Erik Eriksson. Während seines Studiums war er Mitglied der Jungen Deutschen Philharmonie und im Gustav Mahler Jugendorchester, spielte dort u.a. unter Pierre Boulez und Claudio Abbado.
Sowohl solistisch als auch kammermusikalisch ist Tobias Schiessler Preisträger mehrerer internationaler Wettbewerbe. Er gewann den Internationalen Wettbewerb für Blechbläserensembles in Passau und war Preisträger der Frank Smith International Trombone Competition in Oslo. Als Gründungsmitglied der„Trombone Unit Hannover“ wurde er Preisträger beim Deutschen Musikwettbewerb in Berlin. Als erster Blechbläser erhielt er den 1. Preis der Ernest-Bloch-International-Music-Competition in London.
Seit 2007 spielt Tobias Schiessler als festes Mitglied im Niedersächsischen Staatsorchester Hannover. Seit 2009 ist er Lehrbeauftragter im Fach Posaune an der HMTM Hannover.
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